[Kritik] Assassin's Creed Origins - Jack-Reviews.com

[Kritik] Assassin's Creed Origins

Altes Ägypten

Assassin's Creed Origins ist nach Black Flag der erste Teil der Reihe der mich tatsächlich mal wieder interessiert hat, schon weil es sich diesmal um ein Rollenspiel handeln sollte, was einige Veränderungen mit sich hätte bringen können. Das zeigt sich schon am Kampfsystem, welches diesmal wesentlich komplexer ist und sogar einige Bosskämpfe zu bieten hat. Man muss also viel ausweichen, blocken, kontern und ab und sogar die gegnerische Verteidigung durchbrechen, was ein bisschen interessanter ist als die Gegnermassen einfach nur zu Tode zu kontern.

Es gibt außerdem viele unterschiedliche Waffen auf die man zurückgreifen kann, darunter mehrere Bogenvarianten, Schwerter, Speere, Äxte oder Zepter. Und die spielen sich natürlich alle etwas anders. Doppelschwerter sind zum Beispiel extrem schnell und somit für ganz normale Gegner wunderbar geeignet, haben dafür aber eine lächerliche Reichweite. Für schwer gepanzerte Gegner die sich ständig hinter einem Schild verstecken wäre ein Streithammer oder eine Axt also wesentlich besser geeignet. Die mögen beide sehr behäbig sein, aber dafür hauen sie auch ordentlich Schaden raus. Es gibt außerdem verschiedene Modifikatoren die die Kämpfe noch ein bisschen interessanter gestalten können, wie Gegner bei Kontakt zu vergiften oder sie gar in Brand zu stecken.

Assassin's Creed Origins

Aufgrund der RPG-Elemente ist es allerdings nicht praktisch ständig seine Waffe zu wechseln, schon weil man erst eine ganze Menge an Skillpunkte investieren muss bevor man in der Lage ist auf Tastendruck zu einer Zweitwaffe zu wechseln. Es gibt außerdem besondere Fähigkeiten die nur mit bestimmten Waffen ausgeführt werden können, wie eine schnelle Abfolge von Stichattacken mit den Doppelschwertern, oder die Möglichkeit die Zeit zu verlangsamen wenn man mitten in der Luft mit dem Bogen zielt.

Man muss also sehr viel leveln bevor das Kampfsystem sein volles Potenzial entfaltet, was an sich auch ganz okay wäre. Das Problem ist nur, dass man allgemein viel grinden muss um überhaupt in der Story voranzukommen. Ein winziger Unterschied von gerade mal vier Leveln kann nämlich schon für sorgen dass man selbst so gut wie keinen Schaden anrichtet, während die Gegner einen mit 2 oder 3 Treffern aus den Latschen hauen. Mag bei Nahkämpfern noch ganz erträglich sein, aber wenn man gleichzeitig von Bogenschützen beharkt wird, dann ist man schon so gut wie tot.

Mit viel Geduld wäre zwar selbst das noch irgendwie machbar, das Spiel weist einen mittels Totenköpfen aber sogar darauf hin dass man diese Gegner eigentlich noch nicht besiegen können sollte. Deswegen musste ich an einer Stelle auch eine Storyquest verschieben weil ich es aufgrund der Masse an Gegnern schlichtweg nicht geschafft habe mein eigentliches Ziel zu ermorden. Die versteckte Klinge macht bei solch einem Levelunterschied nämlich auch nur einen Bruchteil ihres eigentlichen Schadens, außer man upgradet sie einige Male. Aber dafür braucht man erst Ressourcen die man ebenfalls ergrinden müsste.

Rollenspiel

Wenn das Leveln Spaß machen würde, dann wäre das natürlich alles kein Problem. Die Sidequests die man dafür machen muss sind aber nicht nur langweilig sondern auch noch furchtbar repetitiv. So muss man ständig jemanden töten oder retten oder irgendeinen Ort untersuchen. Letzteres mag ein bisschen an The Witcher 3 erinnern, aber obwohl die dortigen Untersuchungen gameplaytechnisch nicht so prickelnd waren, so konnten die Stories das zumindest immer irgendwie ausgleichen. In AC Origins hinterlässt aber so gut wie nichts einen bleibenden Eindruck. Nicht mal die Stellen die eigentlich emotional sein sollten, was vor allem daran liegt dass die Charaktere durch die Bank unterentwickelt sind. Und dementsprechend konnte mich auch die Hauptstory nicht wirklich überzeugen, von der ich mir eigentlich ein bisschen mehr erwartet hatte.

Im Gegensatz zu den vorherigen Teilen gibt es nämlich endlich wieder einen ordentlichen Protagonisten der mithilfte des Animus die Ereignisse der Story nacherlebt. Als Kenner der Vorgänger hatte ich also erwartet, dass das Spiel mit einer letzten Gegenwarts-Sequenz enden würde in der man irgendein wichtiges Relikt bergen muss. Stattdessen ... passiert schlichtweg nichts. Gut, es gibt zwischendurch eine kurze Sequenz in der man tatsächlich mal kämpfen muss. Ansonsten hängt man aber von Anfang bis Ende nur in einer Höhle rum da der Rest der Story scheinbar erst in Odyssey erzählt wird.

Layla Hassan

Wenn die Story von Bayek, einem der Gründer der Assassinen, richtig gut gewesen wäre, dann hätte ich darüber eventuell hinwegsehen können. Stattdessen ist sie aber furchtbar oberflächlich da man im Laufe des Spiels mehrere Mitglieder einer uralten Geheimgesellschaft töten muss die erst in ihren theatralischen Todessequenzen  ein ganz klein wenig entwickelt werden. Und sobald man eine Gruppe von denen erledigt hat, tauchen direkt schon die nächsten auf, wodurch aus 5 Antagonisten plötzlich 11 werden die allesamt viel zu wenig Screentime haben. Es wäre also wirklich sinnvoller gewesen sich auf die erste Gruppe zu beschränken damit man diese noch vor ihrem Tod wirklich kennenlernen kann. Die eigentliche Story die hier versucht wird zu erzählen ist von ihrer Präsentation her nämlich eigentlich nicht schlecht. Aber wenn mir die Antagonisten allesamt egal sind, dann bringt das leider nicht besonders viel.

Bayek und seine Frau Aya sind glücklicherweise ein bisschen interessanter, schon weil sie beide eine Tragödie durchgemacht haben die den Rest ihres Lebens geprägt hat. Zu den anderen Charakteren die der Bruderschaft beitreten kann ich dafür gar nichts sagen. In der Sequenz in der gezeigt wurde wie die Bruderschaft gegründet wurde konnte ich außer Bayek nämlich niemanden benennen. Die kamen zwar alle irgendwann mal vor, aber außer Aya und Bayek hat halt keiner eine wirkliche Präsenz. Dass das Zeichen der Assassinen komplett zufällig zustande kam macht das ganze noch ein bisschen schwachsinniger. Und im Endeffekt muss ich sagen, dass diese ganze Origin Story absolut nichts zu irgendwas beigetragen hat.

Bayek von Siwa

Es gibt zwar ein paar Hinweise darauf was in Zukunft noch passieren könnte (welche bis auf eine Szene komplett optional sind), aber Bayek ist das ganze scheinbar vollkommen egal. Er reagiert nämlich so gut wie gar nicht auf etwas das für ihn wie Magie wirken muss. Und selbst innerhalb der Story wird diese uralte Technologie fast komplett ignoriert. Das ist vor allem dann richtig absurd wenn man endlich den Ort erreicht den die Antagonisten die ganze Zeit gesucht haben. Aya und Bayek gehen nämlich rein, reagieren beiläufig auf ein Abbild der Erde, finden dann jemanden am Boden liegen ... und danach ist man schon wieder draußen und dieser Ort wird nie wieder erwähnt. Hat sich also echt gelohnt!

Wenn man über diese Masse an Problemen hinwegsehen kann, dann macht das Spiel aber durchaus Spaß. Vor allem wenn man solch tolle Situationen erlebt wie die wo ich versucht habe einen Gegner zu mir zu pfeifen, der dadurch aufgeschreckt ist, einen Krug umgeworfen hat, und damit alles in der näheren Umgebung in Brand gesteckt hat. Kam mir fast so vor als würde ich wieder Divinity: Original Sin 2 spielen. Die Entwickler haben sich außerdem an Black Flag orientiert und wieder Schiffsgefechte eingebaut. Die gibt es zwar nur sehr, sehr selten, sie spielen sich aber richtig flüssig und haben auch eine sehr atmosphärische Soundkulisse zu bieten.

Ägypten

Zum Vollpreis würde ich das Spiel also nicht empfehlen, in einem Sale kann man aber durchaus zugreifen. Ich würde allerdings vom Season Pass abraten. Die erste Story-Erweiterung "The Hidden Ones" versucht zwar den Fokus auf die Assassinen zu legen, im Endeffekt macht sie aber genau den selben Fehler wie das Hauptspiel und wirft Bayek eine weitere Gruppe langweiliger Antagonisten vor die Klinge. Und obwohl es eigentlich ganz nett wäre die Anfänge der Bruderschaft zu sehen, passiert hier schlichtweg nichts das irgendwie essenziell wäre. Nicht mal in der Gegenwart, welche in den DLCs komplett ignoriert wird.

"The Curse of the Pharaos" ist zwar ein bisschen interessanter, das aber auch nur weil die Story ins Fantasy Genre abdriftet und Bayek mit den Geistern längst verstorbene Pharaos konfrontiert wird. Und das nicht nur in der Welt der Sterblichen, sondern auch in verschiedensten Repräsentationen des Jenseits. Ist von der Präsentation her also durchaus ganz cool und hat auch eine Reihe von Bosskämpfen zu bieten. Die eigentliche Story wusste aber trotzdem nicht zu überzeugen, zumal eins der wichtigsten Elemente des Hauptspiels einfach mal recycelt wurde. Dabei ist der Mythos doch mittlerweile umfangreich genug dass sie sich problemlos etwas neues hätten ausdenken können.




Assassin's Creed Origins hat dank seiner Rollenspiel-Elemente zwar ein interessanteres Kampfsystem als seine Vorgänger zu bieten, aber gleichzeitig muss man auch viel zu viel grinden. Da kann auch die Story nicht drüber hinweghelfen, da diese viel zu oberflächlig erzählt wird und in der Gegenwart sogar mittendrin zum Stillstand kommt.

 

Positive Aspekte von Assassin's Creed Origins

  • Das Setting wurde richtig gut in Szene gesetzt.
  • Es gibt erneut einige sehr unterhaltsame Seeschlachten
  • Das Kampfsystem ist dank der RPG-Elemente ein bisschen herausfordernder als in den Vorgängern, vor allem bei den Bosskämpfen.
  • Veraltete Ausrüstung kann jederzeit auf das aktuelle Level upgegradet werden und muss dementsprechend nicht ersetzt werden.

 

Negative Aspekte von Assassin's Creed Origins

  • Die Gegenwarts-Storyline hört mittendrin auf und wird in den DLCs sogar komplett ignoriert.
  • Es gibt viel zu viele Antagonisten die hauptsächlich während ihrer theatralischen Todessequenzen ein bisschen entwickelt werden.
  • Die Gründung der Assassinen wirkt geradezu nebensächlich und außer Aya und Bayek sind die Mitglieder der Bruderschaft allesamt austauschbar.
  • Die Sidequests sind nicht nur langweilig sondern auch noch furchtbar repetitiv.
  • Ein winziger Unterschied von gerade mal 4 Leveln kann schon dazu führen dass man so gut wie keinen Schaden anrichtet und dementsprechend erst mal grinden muss.