[Review] Tyrion Cuthbert: Attorney of the Arcane - Jack-Reviews.com

[Review] Tyrion Cuthbert: Attorney of the Arcane

Ace Attorney Imitation

Tyrion Cuthbert: Attorney of the Arcane ist eine Indie Visual Novel die der Ace Attorney Reihe vom Gameplay her so ähnlich ist, dass es genauso gut ein inoffizielles Fangame hätte sein können. Der größte Unterschied liegt einzig in dem Setting, einer typischen Fantasy Welt in der Magie gang und gäbe ist und in der die Adeligen so privilegiert sind, dass sie selbst mit Mord davonkommen. Der namensgebende Protagonist hat außerdem vor vielen Jahren seine Mutter aufgrund von Adeligen verloren, weswegen er zu den wenigen Verteidigern gehört die es tatsächlich wagen Adelige vor Gericht bloßzustellen. Da Magie sich hauptsächlich in Adelsfamilien manifestiert, haben alle Fälle des Spiels außerdem irgendwie mit denen zu tun.

Morde aufzuklären die mit Magie begangen wurden, könnte in der Theorie zwar so gut wie unmöglich sein, aber Magie und deren Regeln kommen Anwälten in diesem Setting ebenfalls zugute. So hinterlässt jeder Zauber für 48 Stunden eine Spur die mithilfe von „Detect Magic“ sichtbar gemacht werden kann, und welche je nach Klassifizierung (wie Nekromantie oder Beschwörung) mit einer anderen Farbe dargestellt wird.

Da viele Einwohner dieser Welt nur eine handvoll Zauber beherrschen, lässt sich der Kreis der Verdächtigen also stark eingrenzen, zumal es Zauberbücher gibt die automatisch festhalten was für Zauber deren Besizer verwenden können. Und die Inquisition hat immer ein paar leere Zauberbücher parat um selber deren Repertoire überprüfen zu können, falls es nötig sein sollte. Das einzig problematische, in Sachen Gameplay, ist dass man teilweise mit Zaubern nur so zugemüllt wird, aber extra bei den normalen Beweisen nachschauen muss um zu sehen welcher Zauber zu welchem Verdächtigen gehört.

 

Im Gegensatz zur Ace Attorney Reihe gibt es allerdings keine Strafen oder Game Overs wenn man falsche Beweise vorlegt. Das schlimmste was passieren kann, ist dass man an den Anfang des aktuellen Arguments zurückgeworfen wird und nochmal alle Beweise durchgehen musst. Der generelle Gameplay Loop wurde dafür ohne größere Änderungen übernommen. Die Verdächtigen geben ein Geständnis ab, man darf alle Aussagen hinterfragen, ab und zu werden dadurch neue Details zum Geständnis hinzugefügt, und anschließend muss man mithilfe von Beweisen einen Widerspruch aufzeigen, woraufhin Tyrion OBJECTION schreit und genau wie Phoenix seine Hände aufs Podest knallt. 

Neben den Verhandlungen gibt es außerdem auch hier Untersuchungsphasen bei denen man Verdächtige befragt und nach Hinweisen sucht, wobei letzteres größtenteils nebensächlich wirkt, von magischen Spuren mal abgesehen.  Sonderlich viel gibt es auf den einzelnen Maps aber auch nie zu entdecken, nicht mal den Leichnam, von dem man nur im ersten Fall ein Foto zu sehen bekommt. Das Spiel zeigt einem aber glücklicherweise trotzdem was man schon untersucht hat und was nicht.

Die visuelle Präsentation des Gerichtssaals sowie aller Phasen der Verhandlung sind mit Ace Attorney ebenfalls so gut wie identisch. Alle Szenen die den Gerichtssaal von weitem zeigen, fand ich allerdings schlecht umgesetzt, da die Charaktersprites mit irgendwelchen Filtern bearbeitet wurden die sie extrem verwaschen aussehen lassen, während die (mehrfach geklonten) Zuschauer wesentlich klarer, aber dafür gesichtslos sind. Dabei ist der Rest des Spiels richtig hübsch, auch wenn es in Sachen Präsentation nicht an sein Vorbild herankommt. So gibt es weder animierte Mordsequenzen die die einzelnen Fälle einleiten, noch irgendwelche Videos. Und CGs wurden auch sehr spärlich eingesetzt.

Die Entwickler haben sich aber zumindest ein klein wenig Mühe gegeben Features einzubauen die in der Ace Attorney Reihe nicht existieren. So muss man immer wieder Fragen beantworten oder Argumente führen indem man mehrere Wörter oder Satzfetzen richtig miteinander kombiniert. Größtenteils kein wirkliches Problem, zumal manche Kombinationen vom Wortlaut her überhaupt keinen Sinn ergeben, aber es gab ein paar wenige Stellen an denen ich ein bisschen rumprobieren musste um die richtige Aussage zu finden.

Tyrion besitzt außerdem eine mysteriöse Fähigkeit die als Auge von Horus bezeichnet wird, mit der er quasi cheaten kann. Zum einen indem er die emotionalen Reaktionen seines Gegenübers ausliest (welche mittels Emojis präsentiert werden), und zum anderen indem er ihre Gedanken liest, was allerdings nur ab und zu möglich ist. Mit seiner finalen Trumpfkarte, die nur bei Verhandlungen zum Einsatz kommt, kann er sie außerdem dazu zwingen über bestimmte Themen nachzudenken und damit Informationen offenlegen die sie eigentlich geheimhalten wollten.

Damit einher geht ein Feature bei man aus drei Vorgehensweisen eine wählen muss indem man entweder die vorhandenen Beweise, die Reaktion seines Gegenübers (entweder gedanklich oder emotional), oder deren Persönlichkeitsprofil (welches mithilfe von Gesprächen vervollständigt wird) zurate zieht. Das ist zwar nicht sonderlich bahnbrechend oder komplex, aber man muss zumindest ein bisschen mitdenken.


Inquisition

Wie in Ace Attorney ist das Spiel außerdem in fünf Fälle unterteilt, was an sich kein Probleme wäre, wenn es eine ordentliche Spielzeit zu bieten hätte. Stattdessen war ich nach circa 17 Stunden bereits fertig, von denen jeweils fünf für die letzten beiden Fälle draufgegangen sind. Die ersten drei waren für meinen Geschmack also viel zu kurz, zumal es sich teilweise so anfühlt als ob das Intro sowie die Untersuchungphasen länger dauern als die eigentliche Verhandlung.

Das ist vor allem beim ersten Fall problematisch. Im Gegensatz zu den meisten Ace Attorney Spielen hat dieser nämlich sowohl eine Verhandlung, als auch eine Untersuchungsphase zu bieten obwohl der Fall nur knapp zwei Stunden dauert. Gleichzeitig wurde der selbe Fehler wie in vielen ersten Ace Attorney Fällen begangen: man weiß von Anfang an wer der Mörder ist, wodurch man nur noch herausfinden muss wie der Mord begangen wurde.

Der zweite Fall ist zum Glück ein bisschen länger und hat tatsächlich einen relativ komplexen Mordplan zu bieten, aber dafür wurden zwei Verhandlungen und zwei Untersuchungen in drei Stunden gequetscht, was ein bisschen suboptimal ist. Im dritten Fall ist das allerdings noch schlimmer, da dieser die selbe Menge an Verhandlungen und Untersuchungsphasen besitzt, aber dafür nur zwei Stunden dauert.

Tyrion Cuthbert: Attorney of the Arcane

Die ersten sieben Stunden konnten mich also nur so halb überzeugen. Erst in den letzten beiden Fällen haben die Entwickler sich wirklich Mühe gegeben, wodurch mir vor allem der vierte Fall richtig gut gefallen hat. Gegen Ende gab es allerdings eine Deus Ex Machina ohne die der Fall nicht lösbar gewesen wäre, wodurch ich einen Punkt abziehen musste. Es wirkt außerdem so, als ob ein gewisser Aspekt der Verhandlung von einem Ace Attorney Fall abgekupfert wurde. Aufgrund der Existenz von Magie läuft das hier zwar etwas anders ab, aber die Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen. War trotzdem sehr amüsant, von daher konnte ich gerade so drüber hinwegsehen.

Das Finale war ebenfalls ganz gut, leidet allerdings darunter, dass das Foreshadowing bis zu diesem Zeitpunkt so subtil war wie ein Presslufthammer, wodurch einer der wichtigsten Aspekte der Story extrem vorhersehbar war bevor ich den Fall überhaupt begonnen hatte. Ein paar Twists gibt es zwar trotzdem, aber mit den finalen Fällen der Ace Attorney Reihe kann es leider nicht mithalten. Unter anderem weil der epische Höhepunkt zwar gut umgesetzt wurde, die Verhandlung danach aber noch ein bisschen weitergeht ohne diesen Moment übertreffen zu können. Das macht aufgrund der Story zwar Sinn, wirkt von der Struktur her aber trotzdem etwas seltsam.

Für diese Fälle hat sich das Spiel aber durchaus gelohnt, zumal der Soundtrack überraschend gut ist und der Story einen gewisses Pep verleiht. Die Entwickler hätten sich aber eindeutig mehr Zeit nehmen sollen um vor allem die Charaktere besser auszuarbeiten. Wirklich einprägsam sind nämlich nur die wenigsten von ihnen. Das trifft leider auch auf Aria Steelwind zu, die Haupt-Anklägerin der Story und somit Tyrions "Rivalin". Als Charakter ist sie zwar okay, im Gerichtssaal stellt sie aber kein wirkliches Hindernis dar, schon weil die ersten drei Fälle eben viel zu kurz sind als dass sie ihm ständig Steine in den Weg legen könnte. Und dadurch wirkt Aria manchmal sogar ein bisschen inkompetent. Vor allem in dem Fall wo auf Seiten der Anklage niemand auf die Idee kam den Tatort auf magische Spuren zu überprüfen. Dabei wird dafür nur ein simpler Zauber benötigt.

Aufgrund eines Sequel Hooks haben die Entwickler aber offensichtlich vor die Story dieses Universums fortzusetzen, von daher hoffe ich, dass sie aus den Problemen des ersten Teils lernen und ein Sequel entwickeln in dem sich sowohl die Story als auch die Charaktere besser entfalten können. Dann könnte es seinem Vorbild vielleicht sogar das Wasser reichen.

Tyrin und Celeste

>> Das Spiel kann auf Steam erworben werden <<

Abschließende Bewertung


Tyrion Cuthbert: Attorney of the Arcane wirkt zwar in vielerlei Hinsicht wie ein inoffizielles Ace Attorney Spiel, hebt sich aufgrund seines Fantasy Settings aber ganz gut von seinem Vorbild ab. Und die Story ist überraschend gut, zumindest in den letzten zwei Fällen.

 

Positive Aspekte von Tyrion Cuthbert: Attorney of the Arcane

  • Guter Soundtrack.
  • Sowohl die Charaktere als auch das Setting wurden hübsch in Szene gesetzt.
  • Mit Ausnahme von Argumenten kann man sich so viele Fehler erlauben wie man will.
  • Die Mordfälle haben zwar alle ihre Probleme, wurden ingesamt aber gut umgesetzt, vor allem in den letzten beiden Fällen.
  • Aufgrund des Fantasy Settings und ein paar neuer Features ist es mehr als nur eine Kopie von Ace Attorney.

 

Negative Aspekte von Tyrion Cuthbert: Attorney of the Arcane

    • Die ersten drei Fälle sind sehr kurz, wodurch sich weder deren Stories noch die Charaktere vollends entfalten können.
    • Der vierte und für mich beste Fall wird leider durch eine Deus Ex Machina nach unten gezogen.
    • Eine der wichtigsten Enthüllungen der Story ist viel zu offensichtlich, wodurch der letzte Fall nicht so interessant ist wie er hätte sein können.