[Review] Kentucky Route Zero - Jack-Reviews.com

[Review] Kentucky Route Zero

magical realist adventure

Kentucky Route Zero ist ein Adventure das fast 10 Jahre in Entwicklung war und in all der Zeit viele positive Reviews erhalten hat, mehrfach zum Spiel des Jahres ernannt wurde, und für manche Menschen sogar eins der besten Spiele des letzten Jahrzehnts zu sein scheint. Und das trotz der Tatsache dass die Geschichte episodenweise veröffentlicht wurde, wodurch diejenigen die von Anfang an mit dabei waren eine halbe Ewigkeit warten mussten um die Story in ihrer vollen Bandbreite erleben zu können. Das Endergebnis hätte also richtig gut sein müssen um all die Jahre des Wartens tatsächlichen rechtfertigen zu können. Als jemand der glücklicherweise bis zum Ende gewartet hat muss ich aber sagen, dass es leider so wirkt als ob die Entwickler absolut keinen Plan hatten wohin die Story eigentlich gehen sollte.

Wenn ich das Spiel in einem Satz zusammenfassen müsste, dann würde ich es nämlich als Road Trip ins Nirgendwo bezeichnen. Man mag zwar über alle Episoden hinweg das selbe Ziel verfolgen, das ist storytechnisch aber so dünn dass die Entwickler das Spiel mit unzähligen zusammenhanglosen Szenen vollgestopft haben die größtenteils nichts zu irgendwas beitragen. Es geht nämlich eigentlich nur darum dass der Trucker Conway eine Ladung Antiquitäten zum Dogwood Drive Nummer 5 bringen muss, was vermutlich seine allerletzte Fahrt sein wird da der Laden für den er jahrelang gearbeitet hat im Anschluss dicht machen muss. Da Conway keine Ahnung hat wo sich dieser Dogwood Drive befindet, fährt er aber mal mehr und mal weniger planlos durch die Gegend um den irgendwie aufzuspüren.

Kentucky Route Zero

Das komplette Spiel ist also nichts weiter als ein gigantischer Umweg der im Endeffekt aber trotzdem nirgendwo hinführt (was einem im vorletzten Akt sogar wortwörtlich gesagt wird). Also, man kommt am Ende zwar tatsächlich beim Dogwood Drive an, das warum wird aber nie geklärt. Stattdessen darf man eine Stunde lang als Katze im Kreis rennen (???) und viele langweilige Gespräche belauschen in denen die Charaktere sich quasi dazu entscheiden dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre um die Story zu beenden. Dass sie einen der wichtigsten Charaktere des Spiels (der in der vorherigen Episode entführt wurde) dadurch im Stich lassen ist ihnen scheinbar vollkommen egal.

Wenn die Charaktere und deren Interaktionen ansonsten richtig gut wären, dann hätte ich über all diese Probleme eventuell hinwegsehen können. Stattdessen muss ich leider sagen dass die meisten von denen keinerlei bleibenden Eindruck hinterlassen. Nicht mal Junebug und ihr Kumpel Johnny, zwei Roboter die auf ihrem Motorrad durchs Land reisen und sich als Musiker verdingen. Die spielen in dem selben Akt in dem sie vorgestellt werden zwar einen richtig guten Song, aber obwohl sie anschließend bis zum Ende mit dabei sind, hätten sie auch problemlos weggelassen werden können ohne dass es die Story irgendwie beeinflusst hätte. Die Tatsache, dass die beiden mechanische Lebewesen sind, ist außerdem komplett irrelevant, da nie jemand irgendwie drauf reagiert (weswegen ich das selbst erst realisiert habe als ich mich gefragt habe warum deren Schrittgeräusche so mechanisch klingen). Und das selbe trifft leider auf all die magischen/übernatürlichen Elemente dieser Welt zu.

Gesang

An einer Stelle trifft man zum Beispiel einen Jungen der mit einem riesigen Adler befreundet ist, aber obwohl die Gruppe von eben jenem Adler aufgeklaubt und irgendwo in den Wäldern wieder abgesetzt wird (wo der scheinbar jede Nacht unzählige Häuser hin befördert damit deren Einwohner besser schlafen können), scheint das die Charaktere in keinster Weise zu kümmern. Man könnte also meinen das solche Ereignisse in dieser Welt was ganz alltägliches sind. Aber wenn sich niemand drüber aufregt oder wundert oder irgendeine nennenswerte Reaktion zeigt, dann kann mir das als Spieler ja ebenfalls vollkommen egal sein.

Und dementsprechend könnte ich es mir eigentlich sparen auf die namensgebende Route Zero einzugehen, einen magischen Untergrundhighway der sich zum Beispiel durch das Verfolgen von Radiosignalen erreichen lässt (indem man so lange fährt bis das Signal plötzlich abgewürgt wird und anschließend den selben Weg zurück fährt). Klingt zwar eigentlich sehr interessant, aber diese Untergrundwelt ist mir im Endeffekt auch viel zu normal. Es gibt da zwar ein Bürogebäude in dem ein komplettes Stockwerk nur von Bären bewohnt wird, da reagiert aber auch niemand in irgendeiner Art und Weise drauf.

Ezra

Ezra, der Freund des oben erwähnten Adlers, begleitet einen einen übrigens auch bis ans Ende des Spiels obwohl er ebenfalls nichts zu irgendwas beiträgt. Seine Eltern sind zwar aus mysteriösen Gründen verschwunden, aber die Entwickler hatten scheinbar niemals vor zu beantworten was aus denen geworden ist (wenn sie es denn überhaupt jemals wussten). Stattdessen bleiben sie verschollen wodurch Ezras Story ebenfalls im Sand verläuft.

Kentucky Route Zero hätte von daher auch eine lose Aneinanderreihung zusammenhangloser Szenen sein können und es hätte storytechnisch so gut wie keinen Unterschied gemacht. Und das wäre vermutlich sogar interessanter gewesen als das was die Entwickler tatsächlich fabriziert haben. Wenn man die kaum vorhandene Story außen vorlässt, dann ist Kentucky Route Zero nämlich ein richtig gutes Spiel. Also, vom Gameplay her zwar nicht, weil es sich hier hauptsächlich um einen Walking Simulator handelt, aber die Inszenierung ist teilweise fantastisch, was vermutlich der einzige Grund ist warum das Spiel so lange in Entwicklung war. Mit der Länge lässt es sich jedenfalls nicht rechtfertigen, da die einzelnen Episoden jeweils nur ein oder zwei Stunden dauern.

Horror

Es gibt außerdem Momente die kurzzeitig den Eindruck erwecken als ob sich die Story so ein bisschen in Richtung Horror entwickeln würde. Das ist schlussendlich aber leider nie passiert obwohl das mit der Grafik und der Experimentierfreudigkeit der Entwickler vermutlich richtig cool hätte werden können. Stattdessen bekommt man hier ein Spiel geboten das von allem so ein bisschen was zu bieten hat, aber welches mit keinem seiner Elemente wirklich überzeugen kann.

Von daher kann ich echt nicht nachvollziehen was an Kentucky Route Zero so gut sein soll. Für mich ist es einfach nur ein wunderbares Beispiel für Style over Substance. Und allein dafür kann ich es schlichtweg niemandem empfehlen. Und falls mir jemand vorwerfen will dass ich das Spiel schlichtweg nicht verstehe: ja, kann durchaus sein. Ich fand das Gesamterlebnis aber so langweilig dass ich nicht auch nur eine weitere Sekunde mit verschwenden will. Erst recht nicht nach dieser furchtbaren, letzten Katzenepisode, bei der ich mir den Eindruck nicht erwehren kann dass die Entwickler nach all den Jahren schlichtweg das Handtuch geworfen haben und es einfach nur noch hinter sich bringen wollten.




Kentucky Route Zero ist ein Adventure das zwar eine halbe Ewigkeit in Entwicklung war, aber welches trotzdem so wirkt als ob die Entwickler keine Ahnung hatten wohin die Story eigentlich gehen sollte. Stattdessen haben sie das Spiel mit vielen zusammenhanglosen Szenen vollgestopft die höchstens mit ihrer Präsentation glänzen können.

 

Positive Aspekte von Kentucky Route Zero

  • Die Präsentation ist teilweise fantastisch.
  • Es gibt ein paar sehr atmosphärische, gesungene Songs.

 

Negative Aspekte von Kentucky Route Zero

  • Ein wunderbares Beispiel für Style over Substance. 
  • Die Charaktere sind leider durch die Bank uninteressant.
  • Trotz all der Jahre die es in Entwicklung war ist das Spiel insgesamt sehr kurz. 
  • Die Story ist extrem minimalistisch und wird von vielen, irrelevanten Szenen zusammengehalten.
  • Der letzte Akt besteht einzig und allein daraus eine Stunde lang als Katze im Kreis zu rennen und langweilige Gespräche zu belauschen.
  • Das Spiel hat zwar viele interessante Ideen zu bieten, die werden aber allesamt nur kurz behandelt bevor die Story wieder auf irgendwas anderes umschwenkt.