[Review] Raven's Cry - Jack-Reviews.com

[Review] Raven's Cry

Piraten-RPG
Raven's Cry ist ein durchwachsenes Piratenrollenspiel mit Elementen einer Handelssimulation
Wenn man den meisten Reviews glauben will, müsste dieses Spiel eine wahre Ausgeburt der Hölle sein, immerhin hat es so furchtbare Wertungen wie 1/10, 3/10, 10/100 und dergleichen erhalten. Allerdings finde ich diese Wertungen lächerlich, zumal manche Reviews so wirken als hätten die Reviewer die Prämisse des Spiels vergessen. Warum sonst sollte man sich über Rassismus oder Sexismus in einem Piraten-Abenteuer beschweren?

Auf absehbare Zeit kann ich euch allerdings nur dazu raten einen großen Bogen um das Spiel zu machen. Es trieft nämlich geradezu vor Bugs und hätte in dieser Form niemals veröffentlicht werden dürfen. Nachdem ich etwa sieben Stunden investiert habe um soweit wie möglich zu kommen, hat mir einer davon schlussendlich das Genick gebrochen. Dementsprechend kann ich das Spiel nur bis zum (vermeintlichen) Ende von Kapitel 4 beurteilen. Allerdings würde sich an meiner Meinung vermutlich nichts mehr ändern.

Auf die Bugs werde ich erst gegen Ende eingehen. Bei meiner Wertung werden sie allerdings keine ausschlaggebende Rolle spielen. Die Entwickler tun immerhin ihr Bestes um das Spiel einigermaßen brauchbar zu machen. Vor Release wäre das allerdings sinnvoller gewesen. Keine Ahnung was sie in den letzten Monaten getrieben haben, immerhin wurde das Spiel mehrfach verschoben.

Raven's Cry

Raven's Cry erzählt die Geschichte von Christopher Raven, einem Freibeuter der vor Jahren seine Familie verloren hat und nun die Chance auf Rache erhält. Keine sonderlich einfallsreiche oder tiefgründige Story, aber ich hätte durchaus schlimmeres erwartet. Ab und zu kommen sogar gezeichnete Rückblenden zum Einsatz die ich gar nicht schlecht fand. Außerdem machen die Synchronsprecher ihre Arbeit sehr gut, jedenfalls auf Deutsch. Auf Englisch scheint die Sprachausgabe weniger gelungen zu sein.

Allein davon ausgehend wäre Raven's Cry zumindest ein solides Erlebnis, wenn die Story denn mal häufiger zu Tage treten würde. Die meiste Zeit agiert Christopher aber als Laufbursche, was vor allem im vierten Kapitel ersichtlich ist, wo ich sicherlich ein Dutzend Inseln befahren habe bis die Story endlich ins Rollen gebracht wurde. Als ich aber endlich den Kerl traf den Christopher all die Jahre gesucht hat war es dann auch schon vorbei.

Kurz darauf ist das Spiel nämlich eingefroren, wodurch ich nicht mehr zu meinem Schiff kam. Es gab auch keine Möglichkeit dies zu umgehen. Da half selbst ein Teleport über die Konsole nicht. Ich fand zwar irgendwann eine andere Stadt, aber ohne mein Schiff konnte ich nicht ablegen.

Black Flag

In Sachen Seefahrt erinnert das Spiel übrigens sehr an Assassin's Creed 4. Wobei ich wohl eher von Seeschlachten reden sollte. Befahren kann man die Welt nämlich nicht. Das findet nur auf einer Karte statt wo man zufällig auf andere Schiffe treffen kann und diese dann bekämpfen muss.

Hier stehen einem vier verschiedene Geschosse zur Auswahl, die je nach Schiff entweder zu den Seiten oder auch nach vorne abgeschossen werden können. Diese zerstören entweder den Rumpf, die Segel, oder dezimieren die Mannschaft. Im Gegensatz zu Assassin's Creed 4 sieht man allerdings nicht auf was man feuert. Stattdessen wird mit dem Mausrad ein Winkel vorgegeben, was zwar suboptimal ist aber nach einer Weile gut funktioniert.

Geschwächte Schiffe können geentert werden, was allerdings nicht in einem richtigen Gefecht sondern in einer Art Minispiel stattfindet. Außer die Mannschaft wurde so dezimiert, dass sie keinen Widerstand mehr leisten kann. Daraufhin kann der Lagerraum geplündert und die Crew absorbiert werden.

Raven's Cry Review

Klingt also gar nicht schlecht, wenngleich es nicht so gut von der Hand geht wie in Assassin's Creed. Das System hat allerdings zwei gravierende Probleme.
  • Selbst das beste Schiff mit allen Upgrades kann innerhalb kürzester Zeit vernichtet werden. Nicht weil die Kämpfe schwer wären, sondern weil die Zufallsbegegnungen immer lächerlicher werden. So hatte ich nicht nur eine Begegnung mit drei Schiffen auf die direkt noch eine folgte, sondern auch schonmal sechs Schiffe auf einmal die mir ans Leder wollten. ALS ZUFALLSBEGEGNUNG!
Als Story-Mission wäre das noch ganz okay, aber ich kann doch nicht auf jeder verdammten Strecke gegen ein halbes Dutzend Schiffe kämpfen. Man kann aus den Kämpfen zwar fliehen, aber nur wenn man genug Abstand zwischen sich und die Gegner bringt. Da ist es wesentlich sinnvoller den Autosave zu laden der vor dem Ablegen erstellt wurde. Beim zweiten Mal könnte man schließlich mehr Glück haben.

Dieses Problem wäre allerdings noch erträglich, wenn da nicht ein anderer, wesentlich nervigerer Aspekt wäre.
  • Wer in Raven's Cry irgendwas reißen will braucht Geld. Viel Geld. Nicht nur um sich bessere Schiffe und Upgrades zu kaufen, sondern auch um die Mannschaft sowie ihren Proviant zu bezahlen. Das Handelssystem geht zwar gut von der Hand (immerhin wird auf der Karte angezeigt wo Waren lukrativ erworben und verkauft werden können), aber in Kombination mit den furchtbaren Zufallsbegegnungen bremst es alles aus. Von daher sollte man diese so gut es geht umgehen, ansonsten geht ein Großteil des hart erarbeiteten Geldes für Reparaturen drauf.
Ich weiß nicht was ihr von Piraten-RPGs erwartet, aber ich habe wirklich keine Lust unzählige Stunden mit Handelsfahrten zu verschwenden. Erst recht nicht wenn ich alle paar Minuten einen Autosave laden muss um ein Gefecht mit einem halben Dutzend Schiffen zu entgehen.

Dementsprechend habe ich mir irgendwann genug Geld ercheatet um mir alles leisten zu können. Wie bereits erwähnt war aber auch mein Kriegsschiff nicht so toll, dass die Gefechte zu einem Kinderspiel geworden wären. Ein paar der Storymissionen hätten mich jedenfalls beinahe das Leben gekostet.

Ich will gar nicht daran denken wie viele Stunden ich verschwendet hätte um auf normalen Weg an dieses Schiff zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt verschlingt die Crew außerdem soviel Gold und Proviant, dass man ständig weiterhandeln müsste um über die Runden zu kommen.

Raven's Cry

Was hat das Spiel sonst noch so zu bieten? Viele gut designte Städte deren Performance aber unter aller Sau ist. Dementsprechend musste ich die Einstellungen massiv reduzieren um diese überhaupt betreten zu können. Beim ersten Versuch hat das Spiel nämlich so furchtbar geruckelt das gar nichts ging.

Das ist allerdings noch ein vergleichsweise harmloses Problem. Viel schlimmer ist da die Tatsache, dass es auf diesen großen Maps so gut wie nichts zu tun gibt. Hier und da gibt es ein paar Händler, langweilige Minispiele, ebenso langweilige Sidequests ... man kann von Glück reden wenn es mehr als ein halbes Dutzend Charaktere gibt mit denen Christopher interagieren kann.

Und zu entdecken gibt es auch nichts, außer ein paar Truhen nach denen es sich nicht lohnt zu suchen. Die Entwickler hatten scheinbar große Ambitionen, die allerdings im Keim erstickt wurden. Das zeigt die Beschreibung bei Steam wunderbar, immerhin frage ich mich wo ich die moralischen Entscheidungen sein sollen. Oder die unzähligen Geheimnisse und Aktivitäten.

Und selbst die Elemente die es ins Spiel geschafft haben wissen nicht zu überzeugen, allen vorran das Fraktionssystem. Was bringt mir das, außer dass ich vielleicht seltener angegriffen werde wenn ich einen guten Ruf habe und eine bestimmte Flagge benutze?

Raven's Cry

Das Kampfsystem ist auch nicht wirklich überzeugend. Es bietet zwar verschiedene Angriffe und diverse Spezialfähigkeiten, aber die meiste Zeit reicht es auf die linke Mausstaste zu hämmern. Gegner die einmal getroffen wurden können sich nämlich nur selten wehren. Zwischendurch kann man noch mit einem Haken zuhauen oder sie wegtreten, aber nötig ist das nicht. Sobald sich die gelbe Leiste unter den HP gefüllt hat kann Christopher außerdem einen tödlichen Angriff ausführen. Außer natürlich der Gegner ist grundlos immun.

Was bei einem Gegner so einfach klingt, fällt aber in sich zusammen sobald Christopher auf größere Gruppen trifft, vor allem wenn diese Schusswaffen besitzen. Da hilft nur der Rückzug um sie einzeln auseinanderzunehmen. Man kann zwar ebenfalls auf Pistolen zurückgreifen, aber diese fassen jeweils nur eine Kugel. Lohnt sich von daher nur selten.

Es gibt zwar auch ein Talentsystem, aber da kann man pro Stufe nur zwei Punkte verteilen. Und nur ein Bruchteil der Fähigkeiten hat mit dem Kampfsystem zu tun. Dafür lässt sich beeinflussen wie schnell die Kanonen geladen werden oder wieviel Waren gelagert werden können. Hätte als Schiffsupgrade also wesentlich mehr Sinn gemacht.

Schiffskampf

Raven's Cry ist von daher genauso durchwachsen wie es auf den ersten Blick gewirkt hat. Die Atmosphäre mag zwar stimmen, aber die Welt ist viel zu leer als dass man in sie eintauchen könnte. Und dank des Handelssystems wird die Story viel zu sehr in die Länge gezogen. Bevor ich das Review abschließe will ich euch allerdings noch von den Bugs erzählen die mir im Laufe meiner Reise begegnet sind.
  • Beginnt man das Spiel mit einem Gamepad lässt sich die Steuerung nicht mehr ändern.
  • Beim Versuch das erste Schiff zu erwerben waren sich die Dialoge und Texteinblendungen nicht über dessen Preis einig.
  • Die deutsche Fassung hat viele englische Texte (das scheint mittlerweile behoben worden zu sein).
  • Die Kameraperspektive ist während einiger Gespräche viel zu niedrig, wenn sie denn überhaupt den Gesprächspartner zeigt.
  • Es gibt einige unsichtbare Barrieren, durch die ich an einer Stelle daran gehindert wurde zum Schiffsbauer zu gehen, oder auf mein Schiff, oder sogar daran aus dem Wasser zu klettern obwohl es keine andere Möglichkeit gab an Land zu gehen.
  • An einer Stelle ist mein Charakter während einer Mission auf dem Schiff geblieben (obwohl er in der Zwischensequenz an Land gehen wollte) wodurch ich über Bord springen und zum Steg schwimmen musste.
  • Mehrere Questbeschreibungen sind fehlerhaft. So muss man an einer Stelle Uniformen stehlen deren Träger angeblich in Port Royale und Santo Domingo sind. Schaut man ins Questlog gibt es aber ein paar zusätzliche Quests die deren wahren Aufenthaltsort beschreiben (zusätzlich zur falschen Questbeschreibung).
  • Während eines Seegefechts ist mein Schiff plötzlich verschwunden. Es war aber nicht einfach nur unsichtbar sondern hat mich regungslos in der Luft hängen gelassen.
  • An einer Stelle wird das Missionsziel als "dorthin" beschrieben, ohne dass irgendein Charakter oder die Questbeschreibung diesen Ort benennen würde. Dementsprechend musste ich erstmal die Hälfte aller Inseln abgrasen um die Fortsetzung der Quest zu finden.
  • Kurz darauf sollte ich mich mit jemandem am Fluss treffen. Dieser war aber damit beschäftigt gegen die Wand zu rennen. Also musste ich erst zum Treffpunkt und dann zu ihm zurück um das Gespräch zu starten.
  • Nach einer Landmission wurde ich ohne Grund ins Schiffsmenü geworfen, woraufhin ich erst auf eine andere Insel und dann zurück fahren musste um die nächste Mission zu beginnen.
  • Kurz bevor sich das Spiel endgültig verabschiedet hat konnte ich ein Gebäude betreten das in einer Storymission zerstört wurde. Dieses konnte ich aber nicht mehr verlassen, außer durch ein Loch im Boden.
  • Und danach hat sich das Spiel wie bereits erwähnt aufgehängt, egal was für einen Pfad ich zu meinem Schiff gewählt habe.
Wenn ihr also mit dem Gedanken spielt Raven's Cry trotz all seiner Probleme zu kaufen, dann wartet wenigstens bis es tatsächlich ohne Probleme durchspielbar ist. Manche Bugs mögen zwar schon behoben sein, aber scheinbar muss man das Spiel von vorne beginnen damit diese nicht auftreten. Und darauf habe ich nun wirklich keine Lust.

Schlussendlich würde ich euch aber zur anderen Titeln raten. Assassin's Creed 4 zum Beispiel, welches sowohl eine interessante Story als auch gute Charaktere zu bieten hat, sowie Seeschlachten die tatsächlich Spaß machen. Und wer ein richtiges Piraten-RPG sucht sollte lieber zu Risen 2 greifen.

Raven's Cry


Abschließende Bewertung



Raven's Cry ist zwar fürchterlich verbuggt, aber keineswegs so schlimm wie ich erwartet hatte. Wenn es irgendwann mal problemlos spielbar sein sollte, würde ich es aber trotzdem nur als mittelmäßiges Produkt bezeichnen, schon weil die Welt so furchtbar leer ist.

 

Positive Aspekte von Raven's Cry


  • atmosphärisch wurde das Setting gut umgesetzt
  • die deutschen Sprecher leisten größtenteils gute Arbeit 
  • die gezeichneten Zwischensequenzen fand ich nicht schlecht
  • die Tempelmission war trotz diverser Designmängel ganz interessant

 

Negative Aspekte von Raven's Cry


  • die Performance lässt zu wünschen übrig
  • es gibt viel zu viele Bugs, was nach all den Verschiebungen unentschuldbar ist
  • das Kampfsystem ist bei einzelnen Gegner zu billig, bei mehreren aber zu nervig
  • das Handelssystem bremst die Story zu sehr aus, vor allem aufgrund der vielen nervigen Zufallskämpfe
  • in den Städten gibt es so gut wie nichts zu tun, auf den Insel nichts zu erforschen, und Innenräume gibt es auch so gut wie keine